Die Krise in der Immobilienwirtschaft hält nun schon eine Weile an – und nach wie vor scheinen die Märkte im Schockzustand zu sein. Klar, inzwischen mehren sich die Hinweise von Analysten und Propheten, dass die Talsohle durchschritten sei(n wird). Aber dennoch können wir festhalten: Die Stimmung ist gerade irgendwie sch***e (was nicht schade heißen soll).
Low-hanging fruits und anderer Beratersprech
Aber trifft das auf den ganzen Markt zu? Wohl kaum: Viele Akteure haben neue Wege beschritten, um der Krise nicht nur sinnvoll, sondern auch lukrativ zu begegnen. Mehrere Marktteilnehmer profitieren etwa von der Konsolidierung in Teilbereichen unserer Industrie und verbessern dadurch – einfach durch Abwarten und Ruhe bewahren – ihre Marktposition. Eigenkapitalstarke Investoren profitieren von einem Käufermarkt. Mietinteressenten können besser verhandeln. Und Makler, die heute Geschäft machen, scheinen einfach richtig gut zu sein.
All diese Dinge lassen sich leicht kommunizieren. Noch dazu kommt, dass der „Wettbewerb der guten Nachrichten“ gerade einfach genauso tot ist wie der Markt. Meldungen, die vor zwei Jahren in der Euphorie der Branche untergegangen wären, haben heute das Potenzial, Reichweite zu kriegen. Schließlich wollen Journalistinnen und Journalisten nicht nur über Insolvenzen berichten (Quelle: eigene Vermutung). Doch viel zu wenige Unternehmen nutzen diese Chance – zumindest für meinen Geschmack. Ein paar Beispiele gefällig? Aber gern: Ein Entwickler legt in der Krise den Grundstein für ein neues Projekt und trotzt damit dem Markt. Ein Maklerhaus erkennt auf Basis vieler Kundengespräche den Trend, dass Einfamilienhäuser gerade nicht mehr verkauft, sondern stattdessen mit entsprechend hoher Rendite vermietet werden sollten. Großvolumige Mietvertragsverlängerungen in Zeiten sinkender Nachfrage, ambitionierte Wachstumsziele in neuen Segmenten, günstige Ankäufe in Top-Standorten pipapo. Die Liste ist lang und länger.
Ungesundes Understatement
Warum sind viele also so still? Vermutlich will niemand als Krisenprofiteur wahrgenommen werden möchte. Dafür habe ich volles Verständnis, schließlich hat das einen faden Beigeschmack. Irgendwie zieht man einen Vorteil aus der Tatsache, dass es anderen nicht gut geht (was zum Beispiel niemand beim Thema Intransparenz oder der Wohnungsknappheit macht). Im Falle der aktuellen Krise lässt sich dieser fade Beigeschmack aber schnell ablegen. Unternehmen, die heute Umsätze steigern, dadurch Jobs sichern und neue Perspektiven erschließen, sind keine Profiteure, sondern schlicht und einfach resilient.
Also gibt es eigentlich gar keinen Grund, warum Unternehmen heute nicht nach außen treten sollten mit ihren Krisenstrategien: Was machen sie besser als der Wettbewerb? Welche neuen Wege haben sie krisenbedingt beschritten? Und welche Erfahrungen haben sie gemacht? Ich würde solche Berichte gerne lesen. Und ich rate auch unseren Kunden dazu, diese Geschichten zu erzählen.
Warum auch nicht? „Krise kann auch geil sein.“ (Das Zitat stammt nicht von mir und ist anders als die Tatsache, dass man ruhig Krisenprofiteur sein kann, wirklich negativ konnotiert.)